#jointhepfandbrief: Interview mit Christine Neuberger

Christine Neuberger Personalchefin, LBBW

Wie nehmen Sie die derzeitigen dynamischen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt wahr und hat dies Auswirkungen auf den Recruiting-Prozess?

Der Kampf um Talente beschäftigt uns intensiv, insbesondere im Vertrieb und in Einheiten, in denen wir Spezialistinnen und Spezialisten brauchen. In der Vergangenheit gab es bei uns Personalbeauftragte für jeden Geschäftsbereich, die für den kompletten Prozess verantwortlich waren – von der Stellenanzeige bis zur Betreuung bestehender Mitarbeitender.

Mittlerweile reicht das nicht mehr aus, wir brauchen gezielt Leute, die sich nur ums Recruiting kümmern. Seit dem ersten Oktober gibt es ein Team, das ausschließlich für die Personalgewinnung da ist und den Markt nach Talenten durchforstet, von Auszubildenden bis Senior-Professionals. Zudem nehmen wir auch unsere Fachbereiche stärker in die Pflicht: Sie wissen genau, welche Talente sie brauchen und wo sie zu finden sind. Als Anreiz haben wir vor eineinhalb Jahren unser Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter-Programm ins Leben gerufen – das im Übrigen sehr gut ankommt. Für uns ist nicht nur der externe Stellenmarkt interessant, sondern auch der interne: Wir bilden selbst aus, und haben in diesem Jahr die Zahl der Ausbildungsplätze noch einmal aufgestockt.

Welche Mittel und Möglichkeiten nutzen Sie zum Recruiting? Welche Plattform funktioniert für Sie am besten und warum?

Wir haben verschiedenste Bereiche in der LBBW. Ein Vertriebsmitarbeiter im Privatkundengeschäft ist anders zu gewinnen als eine Fachspezialistin im Risiko-Controlling. Deshalb sind wir in enger Abstimmung mit den Fachbereichen und fragen gezielt nach, welche Recruiting-Wege aus ihrer Sicht die besten sind. Berufseinsteiger und Young Professionals sprechen sehr gut auf Plattformen wie LinkedIn an, mit einer niederschwelligen Ansprache, ohne Anschreiben. Wenn wir Fachspezialisten suchen, gehen wir gezielt an Hochschulen, um dort auch mit den Trainee-Programmen zu werben. Senior-Professionals bekommen wir häufig über unser Netzwerk und Mund-zu-Mund-Propaganda. Natürlich nutzen wir auch Headhunter für ausgewählte Stellen. Grundsätzlich versuchen wir aber, die Mitarbeitenden der Bank zu unseren besten Multiplikatoren zu machen.

Welche Maßnahmen setzen Sie um, um den Nachwuchs für Ihre Vakanzen zu begeistern?

Ein wichtiger Hebel ist unsere neue Arbeitgeber-Kampagne #NeuesSchaffen, bei der wir unsere Werte in den Fokus stellen. Uns ist Zusammenarbeit wichtig, wir investieren jeden Tag in ein gutes Miteinander. Für die Kampagne haben wir, wenn man so will, die LBBW-Gründerin Katharina von Württemberg als digitalen Avatar zum Leben erweckt. Wir wollen zeigen, dass wir trotz – oder eher: wegen – unserer traditionellen Werte auch innovativ sind. Mir ist es wichtig, dass wir nichts versprechen, was wir nicht halten können. Deshalb betonen wir von Anfang an das Wertegerüst, mit dem wir arbeiten. Wir sind keine Investmentbank. Wer den Nervenkitzel und das schnelle Geld sucht, ist bei uns einfach falsch.

Ein großes Pfund sind über die Werte hinaus auch unsere breit aufgestellten Trainee-Programme: Wir haben einen Universalbankansatz und können so fast alle Karrierewünsche unter einem Dach abbilden. Dieses Gesamtpaket überzeugt: Wir konnten die Auszubildenden- und Trainee-Plätze in diesem Jahr alle besetzen – und haben sogar noch mal Stellen aufgestockt.

Was denken Sie, wie wird sich der Arbeitsmarkt, insbesondere bezüglich der Themen Homeoffice und Mobiles Arbeiten, in den nächsten Jahren entwickeln?

Wir haben ein hybrides Arbeitsmodell vereinbart und die Verantwortung in die Teams gegeben. Die jeweilige Führungskraft schafft in enger Absprache mit dem eigenen Team, einen Rahmen, in dem der Alltag so abläuft, dass hybrides Arbeiten möglich ist, und gleichzeitig Kundenbedürfnisse und betriebliche Anforderungen erfüllt werden. Für mich ist ganz klar: Eine Bank, die wachsen will, die neue Themen und Innovationen vorantreiben will, wird keine hundert Prozent Remote-Arbeit anbieten. Wir brauchen eine gesunde Mischung. Hier kommt den Führungskräften eine besondere Verantwortung zu: Sie müssen aufmerksam und empathisch agieren, individuell führen und das Team gleichzeitig zusammenzuhalten.

In Bezug auf Recruiting ist Home-Office ein Türöffner: Unser Einzugsgebiet hat sich deutlich vergrößert, da die Mitarbeitenden nicht mehr jeden Tag nach Stuttgart fahren müssen.